30 Jahre CCM – Jörg Frei im Interview

Die Connect Com AG (CCM) feiert 2023 ihren 30. Geburtstag. Wir nehmen dies zum Anlass, um mit dem Inhaber und Verwaltungsratspräsidenten Jörg Frei über die Geschichte der Firma, den Markt damals und heute und seine Zeit bei CCM zu sprechen.

Jörg Frei

Jörg, die Connect Com gibt es seit 1993, seit 2006 bist du ihr Inhaber. Was weisst du über die Anfänge der Firma?
Die beiden Gründer waren vorher in einem Unternehmen tätig, das auch Spleissarbeiten anbot. Als die Firma die Sparte aufgab, machten sie sich selbstständig. Zuerst zu 100 Prozent mit Spleissen, später stiegen sie in den Handel mit Glasfasern- und Kupferprodukten ein. Glasfaser war damals ein Nischenprodukt, das enorm teuer war. Es gab nur wenige Organisationen, welche die Technologie einsetzten und noch weniger Anbieter mit entsprechendem Know-how. Das waren Anfänge der Connect Com.

Und wie kamst du ins Spiel bzw. zu Connect Com?
In den ersten Jahren nach der Firmengründung arbeitete die CCM mit einem Glasfaserkonfektionär zusammen. Dessen Geschäftsführer beharrte auf der «Tradition», die Firma im Sommer mehrere Wochen lang zu schliessen. Was heute undenkbar ist, stiess schon damals auf wenig Verständnis bei den Kunden. Da Alternativen fehlten, beschloss man bei der CCM, selbst ins Konfektionsgeschäft einzusteigen und gründete zu diesem Zweck eine weitere Firma: die Optitec. Irgendwann – in der Zwischenzeit war ich für Techdata tätig – fragten mich die damaligen Inhaber, ob ich ins Unternehmen einsteigen wolle. Das war an einem 1. April, ich dachte entsprechend, es handle sich um einen Scherz. Ich stand kurz vor der Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags als Nummer Zwei bei einem bekannten Soft- und Hardware-Konzern – eine Gelegenheit, die man wohl nur einmal im Leben bekommt und die man nicht ausschlägt – ich tat es trotzdem und stieg bei der Connect Com AG ein.

War es der richtige Entscheid?
Ja, das kann ich mit Überzeugung sagen. Der Start als Geschäftsführer und Mitinhaber war jedoch harzig. Die Firma wurde bis dahin sehr hemdsärmelig geführt. Alle haben alles gemacht – Verkauf, Logistik, Lager, Spleissen. Eine Professionalisierung und Investitionen in die Infrastruktur waren dringend nötig, wir brauchten ein ERP und einen Webshop. Meine Geschäftspartner scheuten die Investitionen, es dauerte lange, bis sie einlenkten. Irgendwann konnte ich dann alle Aktien kaufen und das Unternehmen so führen, wie ich es für richtig hielt. Die Optitec wurde aufgelöst und in die CCM integriert.

Gibt es Mitarbeitende von damals, die noch heute bei CCM sind?
Und ob: Roman Wigger war ungefähr der fünfte Mitarbeiter und einer der ersten Spleisser. Heute ist er Geschäftsführer und der Dienstälteste in der CCM-Familie. Ebenfalls 2006 schon dabei waren Christian Vonesch (Leiter ICT und Business IT), Gabriela Felix (Produktion), Veronika Maestri (Produktion), Giovanna Tevere (Produktion), Renate Schärer (Produktion), und Andreas Schweizer (Leiter AVOR).

Welche waren die wichtigsten Meilensteine der Firma?
Die bereits erwähnte Professionalisierung war richtungsweisend. Ein wichtiger Schritt war auch der strategische Entscheid, weg vom Händler, hin zum Hersteller. Wir haben angefangen, konsequent eigene Produkte für die unterschiedlichen Märkte zu entwickeln und Gesamtlösungen anzubieten. Oft zählten wir zu den Ersten, z. B. bei den 12-fach-MTP-Steckern für Data Center oder bei FTTH-Lösungen. Die Expansion nach Deutschland gehört ebenfalls zu den Meilensteinen.

Wie hat sich der Markt über die Jahre verändert?
Glasfasertechnologie war früher ein Nischenmarkt, nur wenige konnten sich das leisten. Abnehmer waren Spezialunternehmen oder Organisationen aus der Forschung, wie zum Beispiel die ETH. Heute ist es ein Massenmarkt mit grosser Nachfrage und vielen Anbietern. Die Innovation ist vorbei. Damit tut sich die Branche schwer.

Inwiefern?
Die Technologie an und für sich ist abgeschlossen, fundamentale Neuentwicklungen sind nicht in Sicht, entscheidend ist vor allem der Preis.

Das heisst, dass das Potenzial der Glasfasertechnologie ausgeschöpft ist?
Nein, im Gegenteil: Die Technologie ist nach wie vor die beste und wird überall eingesetzt, Innovationsschübe jedoch gibt es keine mehr und bahnbrechende neue Techniken, welche die Faser ersetzen, sind nicht zu erwarten. Aber die Faser, wie sie heute eingesetzt wird, hat noch enorm viel Kapazität. Es wäre ein Vielfaches der heutigen Datenübertragung möglich. Dazu braucht es allerdings die entsprechenden Geräte, und die sind viel zu teuer – noch. Dort liegt viel Potenzial. Smart Citys, autonome Fahrzeuge, IoT, 5G – für das alles braucht es Sensoren, Leitungen und Glasfasern. Die Digitalisierung steigert die Nachfrage, neue Märkte und kundenspezifische Lösungen ebenso.

Dennoch: Viele Anbieter teilen sich den Kuchen, der Preisdruck nimmt zu. Welche Rolle spielt CCM künftig im Markt?
Dank des grossen Lagers in der Schweiz sowie der hauseigenen Produktion und Konfektion können wir innert kürzester Frist liefern. Individuelle Kundenlösungen werden auch in Zukunft gefragt sein – diesbezüglich ist die Connect Com führend. Was uns zudem auszeichnet, ist der Service und Support, unsere Kunden betonen dies immer wieder. Die Connect Com wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen im Markt. Nicht nur in der Schweiz, auch in Deutschland.

Apropos Deutschland: Seit 2010 ist CCM in Deutschland tätig. Was bedeutet dieser Markt für euch?
Deutschland hinkt bezüglich Glasfasernetz der Schweiz noch hinterher. Der Fokus liegt heute vor allem im Breitbandmarkt. Es wird enorm viel investiert, der Markt wächst rasant, sodass wir zeitweise kaum mithalten konnten. In rund 12 Jahren ist die CCM Deutschland von zwei auf heute 94 Mitarbeitende gewachsen. Dementsprechend wichtig ist es für uns, in Deutschland präsent zu sein.

Wo unterscheiden sich die beiden Märkte Schweiz und Deutschland?
In Deutschland haben wir es mit riesigen, preisgetriebenen und vielfach staatlich geförderten Projekten zu tun. Die meisten werden mittels Ausschreibung über Onlineportale vergeben. Die persönliche Kundenbeziehung spielt kaum eine Rolle. Teilweise werden andere Produkte verwendet als in der Schweiz.

Zurück in die Schweiz: Warum gibt es eine Niederlassung in der Westschweiz?
Vor allem, um lokal präsent zu sein. Die Verbundenheit mit der Region ist wichtig. In der Deutschschweiz Mitarbeitende zu finden, die perfekt Französisch sprechen und in der Romandie verankert sind, ist kaum möglich. Um erfolgreich zu sein, muss man die lokalen Begebenheiten und die Mentalität kennen und das Beziehungsnetz pflegen. Das funktioniert ausgezeichnet, wir haben ein hervorragendes Team in Gland.

Was hat dich persönlich geprägt in der Zeit bei CCM?
Die Entwicklung des Unternehmens vom Kleinstbetrieb zu dem, was es heute ist, inklusive Expansion nach Deutschland, war sehr prägend. Man verändert sich mit, macht Erfahrungen, zieht Lehren daraus und wächst auch persönlich mit. Auch die Transformation des Marktes mitzuerleben, ist enorm spannend.

Worauf bist du besonders stolz, wenn du auf die letzten 30 Jahre zurückblickst?
CCM ist eine grosse Erfolgsgeschichte. Auf das, was aus dem Unternehmen geworden ist, was wir erreicht haben, kann ich mit Freude zurückschauen. Eine solche Erfolgsstory ist nur mit engagierten Mitarbeitenden möglich.

Wenn du nochmals von vorn anfangen könntest, was würdest du heute anders machen?
Ich würde es nochmals genau gleich machen. Schlussendlich musste alles so sein, wie es war. Jeder Fehler hat uns dahin gebracht, wo wir heute sind.

Seit Januar 2021 lautet der Firmenslogan Connecting the Dots. Warum?
Vor zwei Jahren haben wir ein neues Leitbild erarbeitet und den Firmenauftritt modernisiert. Der frühere Slogan «Optimizing Fiberoptic Technologies» war uns zu austauschbar, zu unpersönlich. Die Verbindung spielt bei allem, was wir tun, eine grosse Rolle: Über Glasfasern verbinden wir Punkte, Dinge, Ideen und schlussendlich immer Menschen.

Welche Ziele haben du und die GL in den nächsten Jahren für das Unternehmen, wohin soll es sich entwickeln?
Wie schon erwähnt: Das grosse Wachstum ist vorbei. Aber überall, wo heute Daten über Kupfer übertragen werden und die Datenmenge zunimmt oder elektromagnetische Einflüsse Probleme bereiten, liegt Potenzial. Glas kann theoretisch jede Datenleitung ersetzen. In der Industrie und der Sensorik wird sich die Technologie ausbreiten. Dahingehend liegen unsere Pläne.

Was sind deine persönlichen Ziele?
Ganz klar: nach wie vor mit CCM erfolgreich sein. Ich werde mich künftig noch mehr um VR-Mandate und die Strategie kümmern. Das Unternehmen soll den Wandel vom Spezialisten- zum Massenmarkt erfolgreich meistern. Das Ziel ist nicht, unendlich zu wachsen. Wir wollen in unserem Kerngeschäft die Besten sein. Im Markt wird es Bereinigung geben. Wir haben noch viel vor…

Dein persönlicher Rat für junge Unternehmerinnen und Unternehmer?
Du darfst dich nicht entmutigen lassen. Wenn du scheiterst, musst du korrigieren und weitermachen. Anpassungsfähigkeit ist wichtig, und Offenheit für Veränderungen. Wer sich am schnellsten anpasst, hat den grössten Erfolg – und auf diesem darf man sich nie ausruhen.

Danke Jörg für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.

Über Jörg Frei

Im Jahr 2006 wurde Jörg Frei Mitinhaber und Geschäftsführer bei der Connect Com AG. Heute ist er der Verwaltungsratspräsident und alleiniger Eigentümer. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Unternehmen von der Spleiss-Spezialistin zur führenden Lösungsanbieterin von Kommunikationsverkabelungs- und LWL-Produkten mit eigener Produktion und Konfektion in Rothenburg (LU) und in Nürtingen (Deutschland).

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